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Fallstudie: Einfluss des Ölpreises und der Devisen- und Zinssätze auf Gewinn und Verlust

Live-Zugriff auf große internationale Datenquellen mit Risk Kit Data

Von Uwe Wehrspohn und Sergey Zhilyakov

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Inhalt

Präsentation von Risk Kit Data

Gewinn- und Verlustmodell

    Bestimmung des Modells

Auswahl der Daten

Synchronisation von Zeitreihen

Kalibrierung von Ölpreis- und Zinsmodellen

Monte-Carlo-Simulation

Fazit

 

Viele Menschen in der globalen Wirtschaft verarbeiten und analysieren täglich Informationen. Die Bedeutung eines schnellen und einfachen Zugriffs auf diese Informationen kann heute nicht hoch genug eingeschätzt werden. Etliche verschiedene Datenanbieter gewähren über spezielle APIs den Zugriff auf große Datenbanken mit Finanzdaten und Statistiken über das Internet. Dies vereinfacht einerseits den Zugang zu den Informationen. Andererseits ist ein gewisses technisches Wissen erforderlich, um diese Informationen zu lesen und zu parsen. Außerdem implementiert jeder Datenanbieter seine eigene API, was es schwierig macht, die Daten an einem Ort zu sammeln und zu aggregieren.

Risk Kit Data löst diese Probleme und bietet eine standardisierte Schnittstelle für den Zugriff und die Verarbeitung von Finanzdaten und Statistiken aus verschiedenen Datenquellen. Über eine benutzerfreundliche grafische Oberfläche können Benutzer Statistiken durchsuchen, Suchen durchführen, Daten direkt in Excel-Tabellen exportieren und noch mehr.

Risk Kit Data unterstützt fünf beliebte Datenquellen wie die Europäische Zentralbank EZB, Eurostat, Federal Reserve Economic Data FRED, die Weltbank und Apilayer Marketstack.

 

Präsentation von Risk Kit Data

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Risk Kit Data ist ein Add-In für Microsoft Excel. Nach der Installation ist das Add-In als neue Symbolleiste verfügbar.

Abbildung 1. Symbolleiste Risikokit Daten.

Risk Kit Data bietet eine grafische Benutzeroberfläche zum Durchsuchen von Statistiken und Finanzdaten. Verwenden Sie das Finance-Task-Fenster, indem Sie in der Symbolleiste auf ‘Browse Financial Data’ klicken, um aktuelle und historische Aktien- und Indexpreise sowie Wechselkurse abzurufen. Greifen Sie auf das Daten-Task-Fenster zu, indem Sie auf ‘Browse Historical Data’ klicken, um die vollständigen Datenbanken der Europäischen Zentralbank EZB, von Eurostat, von Federal Reserve Economic Data FRED, der Weltbank und von Apilayer Marketstack zu durchsuchen.

Verwenden Sie die Beispiele unter dem Dropdown-Menü 'Example Workbooks', um mit Risk Kit Data zu beginnen. Unter 'Add-in Info' finden Sie die Online-Hilfe sowie die Informationen über das Add-in.

Um das Add-In in Excel zu deaktivieren, gehen Sie zu den ‘Add-In-Settings’ und klicken Sie auf ‘Disable Add-In’.

Beachten Sie, dass Sie ein persönliches API-Token von Apilayer Marketstack benötigen, um auf deren Datenfeeds zuzugreifen. Um ein Token anzufordern, gehen Sie in der Symbolleiste auf ‘Add-in Settings’ und folgen Sie dem angezeigten Link. Hier finden Sie auch einen Verweis auf die Nutzungsbedingungen für die Nutzung der Daten.

Abbildung 2. Add-in-Einstellungen und API-Token

 

Gewinn- und Verlustmodell

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Der Ölpreis hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die hohe Volatilität betrifft vor allem Unternehmen, die Rohöl und andere Rohstoffe importieren. In diesem Abschnitt betrachten wir ein Gewinn- und Verlustmodell, bei dem der Ölpreis eine wichtige Quelle der Zufälligkeit ist. Wir beziehen auch den USD/EUR-Wechselkurs und einen 1-Jahres-EUR-Zinssatz als zusätzliche Beispiele für typische Marktfaktoren ein. Um die historischen Preise dieser Faktoren zu erhalten und um die Zeitreihen zu konsolidieren, werden wir Risk Kit Data verwenden.

Wir werden auch ein weiteres Add-In, Risk Kit, verwenden, um die Parameter von Prozessmodellen der Daten zu schätzen und eine Monte-Carlo-Simulation des Gewinn- und Verlustmodells durchzuführen. Für eine ausführliche Einführung in Risk Kit siehe Wehrspohn/Zhilyakov, Monte-Carlo-Simulation mit Risk Kit, 2021 .

 

Bestimmung des Modells

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Als ersten Schritt definieren wir ein einfaches, rein illustratives GuV-Modell und identifizieren dessen Zufallsquellen (Abbildung 3). Zur Berechnung des Bruttogewinns und -verlusts beginnen wir mit einem Umsatz (D7) und ziehen alle Ausgaben einschließlich der Materialkosten (D8), Rohstoffe (D9), Personalkosten (D10) und Abschreibungen (D11) ab. Das führt zu dem Zwischenergebnis ‘Ergebnis vor Zinsen und Steuern’ (EBIT) (D12). Weiterhin berechnen wir das 'Ergebnis vor Steuern' (EBT) (D15), das der Summe der Zinserträge (D13) und der außerordentlichen Erträge (D14) addiert zum EBIT entspricht.

Abbildung 3. Gewinn- und Verlustmodell.

Nehmen wir an, dass der Umsatz (C7), die Materialkosten (C8), die Rohstoffe (C9), die Personalkosten (C10) sowie die Zinsen (C13) und die außerordentlichen Erträge (C14) einem Risiko unterliegen.

Wir nehmen an, dass der Umsatz (C7) eine Dreiecksverteilung mit den Parametern a=900, b=1000 und c=1050 hat, also dass der Umsatz zwischen 900 und 1050 schwankt mit 1000 als dem wahrscheinlichsten Wert.

Abbildung 4. Identifizierung der Quellen der Zufälligkeit.

Vielleicht fällt Ihnen auch die Funktion ‘OutputName’ in der Formelleiste auf, die an die Verteilung angehängt ist. Diese Funktion legt die Bezeichnung für dieses bestimmte Risiko fest, die wir später in den Diagrammen sehen werden.

Für die Materialkosten nehmen wir eine Normalverteilung mit Erwartungswert = 4% und Standardabweichung = 2% an.

Abbildung 5. Identifizieren der Verteilung für die Materialkosten.

Da die tatsächlichen Materialkosten variabel sind und von der Höhe des Umsatzes abhängen, modellieren wir sie als relative Größe ‘in % vom Umsatz’. Somit sind die gesamten Materialkosten in D8 gleich den relativen Kosten (C8) multipliziert mit dem Gesamtumsatz (D7).

Abbildung 6. Berechnen der gesamten Materialkosten.

Eine der größten Ausgaben in unserem Beispiel sind die Rohstoffe, die das Produkt aus dem Gesamtvolumen des importierten Öls (Fässer) und seinem Preis sind. Wir nehmen an, dass das Volumen des importierten Öls gleichmäßig im Intervall von 7,5 bis 9,5 Tausend Barrel verteilt ist. Um den Ölpreis zu schätzen, analysieren wir die historischen Marktdaten.

Auswahl der Daten

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Um die historischen Preise zu erhalten, klicken Sie auf der Symbolleiste von Risk Kit Data (Abbildung 1) auf ‚Browse Historical Data‘. Das Add-In öffnet dann das Daten-Task-Fenster.

Abbildung 7. Daten-Task-Fenster.

Das Daten-Task-Fenster ermöglicht das Durchsuchen historischer Statistiken aus verschiedenen Datenquellen, das Durchführen von Suchen, das Filtern und Auswählen von Daten und das Laden der Daten in Excel.

Um eine Suche durchzuführen, aktivieren Sie die Registerkarte Suche (Abbildung 8), geben die Suchanfrage in das Textfeld ein und drücken ENTER. In unserem Beispiel suchen wir nach Rohöl bzw. auf Englisch ‘Crude Oil’. Beachten Sie, dass der Vorgang je nach Suchanfrage ein paar Minuten dauern kann.

Abbildung 8. Durchsuchen der Daten.

Es ist auch möglich, die Suche einzugrenzen, indem Sie die Ergebnisse für einige Datenquellen ausschließen. Klicken Sie dazu auf ‘Datenquellen filtern’ und deaktivieren Sie die Kontrollkästchen für die Datenquellen, die Sie ausschließen möchten.

Abbildung 9. Filtern von Datenquellen.

Wir werden die historischen Preise für Brent-Rohöl für die Schätzungen verwenden. Doppelklicken Sie auf die Tabelle 'Rohölpreise: Brent - Europe' in der Liste, um die historischen Daten zu laden. Sie werden feststellen, dass es vier ähnliche Tabellen in den Suchergebnissen gibt. Der Unterschied zwischen diesen Tabellen liegt in der Häufigkeit der Daten. Wir verwenden die erste Tabelle mit der täglichen Frequenz, die Preise für Geschäftstage liefert.

Nach einem Doppelklick aktiviert das Add-In die Registerkarte ‘Daten’.

Abbildung 10. Geladene Datenreihen.

In diesem Beispiel verwenden wir die Quelle Federal Reserve Economic Data, die nur eine Datenreihe pro Tabelle anbietet. Die anderen Datenquellen können Tausende von Datenreihen pro Tabelle haben. Verwenden Sie die Filter, um die Anzahl der Datenreihen zu reduzieren und um das Zeitfenster der Beobachtungen festzulegen (Abbildung 12).

Abbildung 11. Ölpreis zwischen 2011 und 2021

Die Ölpreise waren in den letzten zehn Jahren recht volatil und umfassten einen Bereich zwischen 9,12 USD pro Barrel am 21. April 2020 und 128,14 am 13. März 2012. Um eine homogenere Stichprobe zu erhalten, die für die aktuelle Marktsituation repräsentativ ist, legen wir daher das Zeitfenster auf die Zeit vom 21. Februar 2015 bis zum 21. Februar 2021 fest.

Abbildung 12. Filtern von Datenreihen.

Klicken Sie auf ‘Filter anwenden’, um die Datenreihen zu filtern.

Wenn Sie den Mauszeiger über dem Tabellennamen platzieren, sehen Sie die detaillierte Beschreibung im Tooltip. Beachten Sie die Einheiten der Daten.

Abbildung 13. Beschreibung der Tabelle.

Um die Daten in das Arbeitsblatt zu exportieren, klicken Sie auf ‘Export Data Series’. Das Werkzeug bietet hier zwei Optionen an. Die Daten können entweder als Zellfunktion oder als Rohwerte exportiert werden. Die Zellfunktion bietet oft mehr Kontrolle über die Daten. Insbesondere ist es hier möglich, die Beobachtungen nach Datum auf- und absteigend zu ordnen, mehrere Datenreihen auf einmal zu erhalten, das Zeitfenster nachträglich zu ändern usw.

Um die Serien-ID in der ersten Zeile und die Daten in der ersten Spalte auszugeben, aktivieren Sie die entsprechenden Kontrollkästchen.

Abbildung 14. Exportieren der Daten.

Das Add-In füllt automatisch die erforderliche Anzahl von Zeilen und Spalten.

Abbildung 15. Beispiel für die Zellfunktion DData.

Um die Parameter der Funktion zu aktualisieren, müssen Sie entweder die Funktion in der Formelleiste von Excel bearbeiten oder das Dialogfeld Funktion von Risk Kit Data verwenden. Aktivieren Sie dazu eine Zelle, in der Sie die Funktion platzieren möchten, und klicken Sie auf 'Insert Function' in der Symbolleiste von Risk Kit Data (Abbildung 1). In diesem speziellen Beispiel ordnen wir die Beobachtungen absteigend nach Datum, um das jüngste Datum an einer stabilen Position im Arbeitsblatt zu haben. Dies ist oft hilfreich, da spätere Prognosen auf dem jüngsten bekannten Wert einer Serie beginnen.

Dazu setzen wir das Argument 'DatesInIncreasingOrder' der Funktion auf FALSE1.

Abbildung 16. Aktualisieren der Funktion DData über das Dialogfeld ‘Excel-Funktion’.

Da die Ölpreise in US-Dollar angegeben sind, wir uns aber für den Euro interessieren, ist der nächste Schritt, die historischen Wechselkurse zu ermitteln und die Preise umzurechnen.

Dazu bleiben wir bei Federal Reserve Economic Data (FRED), um einen Datenanbieter für alle Zeitreihen zu haben.

Im Inhaltsverzeichnis des Daten-Task-Fensters wählen wir FRED als Datenquelle und gehen dann zu ‘Money, Banking & Finance’ - ‘Exchange Rates’ und wählen ‘Daily Rates’, um eine konsistente Periodizität mit den Ölpreisdaten zu haben. Dort wählen wir 'US / EUR Foreign Exchange Rate' durch Doppelklick auf den Eintrag aus.

Abbildung 17. Durchsuchen von Datentabellen und Quellen

Um das Zeitfenster für die Ölpreise anzupassen, setzen wir den Filter entsprechend und importieren die Daten als Array-Funktion in unser Arbeitsblatt. Beachten Sie, dass das in einem der vorherigen Schritte angegebene Zeitfenster automatisch auf die neu ausgewählte Datenreihe angewendet wird.

Abbildung 18. Filtern des Zielzeitfensters

Schließlich wählen wir einen 1-Jahres-EUR-Zinssatz entsprechend aus. Im Aufgabenbereich ‘Daten’2 wählen wir ‘FRED’ - ‘Money, Banking & Finance’ - ‘Interest Rates’ - ‘Interest Rate Swaps’ und wählen per Doppelklick den 1-Jahres-Tenor auf Basis EUR. Wir filtern das Zielzeitfenster wie bei der vorherigen Reihe und fügen die Daten als Array-Formel in das Arbeitsblatt ein.

Abbildung 19. Auswahl der Swap-Sätze aus FRED

Beachten Sie, dass das 'Von'-Datum und das 'Bis'-Datum als Grenzen des Zeitfensters für die Datenauswahl per Referenz definiert werden können. Dies bietet eine einfache Möglichkeit, dynamische Modelle zu erstellen, die sich leicht aktualisieren lassen. Auch ist das Enddatum der Reihe optional und kann daher weggelassen werden. In diesem Fall gibt die Funktion die aktuellsten verfügbaren Daten zurück.

Im folgenden Beispiel werden die Bezugsdaten auf einem zentralen Arbeitsblatt 'PARAMS' definiert und dann in den Formeln zitiert.

Abbildung 20. Dynamische Verknüpfung mit Daten

 

Synchronisation von Zeitreihen

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Um die Ölpreise und Wechselkurse sowie die Zinssätze nach Datum zu synchronisieren, verwenden wir die Funktion ‘DDataSync’, die eine Vereinigung der Datumswerte in der ersten Spalte und die Datenreihen in den nachfolgenden Spalten zurückgibt. Um die Funktion einzusetzen, klicken Sie in der Symbolleiste auf ‘Insert Function’ (Abbildung 1). Wählen Sie im geöffneten Dialogfeld die Funktion ‘DDataSync’ und klicken Sie auf OK.

Abbildung 21. Dialogfeld der Funktionen von Risk Kit Data.

Die Funktion übernimmt die Bereiche im ersten Argument. Verwenden Sie das Excel-Argument-Trennzeichen, um die Bereiche abzugrenzen3.

Abbildung 22. Eingabe der Zellfunktion DDataSync.

Standardmäßig sind die Daten in absteigender Reihenfolge sortiert. Um die Reihenfolge zu invertieren, können Sie das Argument 'DatesIncreasingOrder' auf TRUE bzw. WAHR setzen. Außerdem interpoliert die Funktion standardmäßig die fehlenden Werte anhand der nächsten Nachbarn. Um die Interpolation zu deaktivieren, setzen Sie das Argument 'MissingValue' auf einen nicht leeren Wert, der stattdessen für fehlende Beobachtungen verwendet werden soll. In diesem speziellen Beispiel lassen wir diesen Parameter leer und behalten auch die absteigende Datumsreihenfolge bei.

Klicken Sie auf ‘Einfügen’, um die Funktion in eine Zelle einzufügen. Verwenden Sie die Funktion als Array-Formel, wobei die Anzahl der Zeilen gleich der Anzahl der Daten in den angegebenen Datenbereichen ist, während die Anzahl der Spalten gleich der Anzahl der angegebenen Datenbereiche plus eins für die Datumsspalte ist.

Abbildung 23. Verwendung der Zellfunktion DDataSync.

Um die Ölpreise in Euro weiter zu berechnen, dividieren wir einfach den Ölpreis durch den Wechselkurs. Wir rechnen auch den Zinssatz von [%] in SZahlen um, indem wir ihn durch 100 teilen.

Abbildung 24. Berechnung des Ölpreises in Euro.

Kalibrierung von Ölpreis- und Zinsmodellen

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Um den Ölpreis und den Zinssatz im Rahmen der GuV-Rechnung zu simulieren, benötigen wir Modelle, die eine Extrapolation der Preisverläufe in die Zukunft ermöglichen und gut zu den historischen Daten und den allgemeinen Eigenschaften der Preisverläufe passen. Wir betrachten einen Prognosehorizont von 1 Jahr.

Risk Kit bietet fünf Prozesstypen mit Kalibrierung, Simulation, Trends und Konfidenzbändern für die Quantile. Diese Prozesse haben unterschiedliche Eigenschaften, die sie für bestimmte Anwendungen mehr oder weniger geeignet machen.

Name

Vorzeichen

Mittelwert-rückkehr

Langfristiger Anstieg der Perzentile

Brownsche Bewegung

Beide

Nein

Quadratwurzel

Wiener-Prozess

Beide

Nein

Quadratwurzel plus Linear

Geometrische Brownsche Bewegung

Positiv

Nein

Exponential

Vasicek- Prozess

Beide

Ja

Stationär

Black-Karasinski- Prozess

Positiv

Ja

Stationär

Abbildung 25. Prozesstypen und ihre Eigenschaften

Für eine qualitative Auswahl eines Prozesstyps ist es hilfreich, den zu kalibrierenden Prozess zu plotten.

Abbildung 26. Ölpreisentwicklung

Der Ölpreis als Rohstoffpreis kann typischerweise keine negativen Werte annehmen. Daher sind nur eine geometrische Brownsche Bewegung oder ein Black-Karasinski-Prozess geeignet.

Im betrachteten Zeitfenster ist der Ölpreis auch recht stationär ohne einen klar erkennbaren langfristigen Trend.

Auf die Daten kalibriert, ergeben beide Prozesstypen deutlich unterschiedliche Prognosen. Insbesondere die exponentiell ansteigenden 99%-Perzentile erreichen Ölpreisniveaus, die weit außerhalb des Bereichs der historischen Daten liegen. Die Konfidenzbänder des Black-Karasinski-Prozesses liefern dagegen eine mäßig konservative Abdeckung des historischen Bereichs des Ölpreises4. Daher wählen wir das Black-Karasinski-Modell für die 1-Jahres-Prognose 5.

Abbildung 27. Kalibrierte geometrische Brownsche Bewegung und Black-Karasinski-Prozess

 

Abbildung 28. Ölpreisverlauf und Prognose mit Black-Karasinski-Modell

In ähnlicher Weise betrachten wir die Entwicklung der Zinssätze seit 2015.

Abbildung 29. Entwicklung der Zinssätze

Die Zinssätze zeigen ganz andere Eigenschaften als die Rohstoffpreise. Insbesondere sind sie derzeit negativ. Sie zeigen auch manchmal Episoden nicht-stochastischer Drifts wie im Jahr 2015 im Beispiel aufgrund von Interventionen der Zentralbank. Generell gehen große Bewegungen oft mit exogenen Schocks einher.

Da Zinssätze eine relative Größe sind, haben sie normalerweise einen stationären langfristigen Trend und wachsen nicht systematisch.

Aus diesen Überlegungen heraus wählen wir das Vasicek-Modell für Zinssätze.

Abbildung 30. Kalibriertes Vasicek-Modell für Zinssätze

Beachten Sie, dass die Bandbreite der Prognose für das nächste Jahr nicht das Zinsniveau von Anfang 2015 beinhaltet. Wir akzeptieren dieses Modellverhalten, weil die Bewegung im Jahr 2015 weitgehend auf exogene Faktoren und die Politik der Zentralbank zurückzuführen war.

Abbildung 31. Historie der Zinssätze und Prognose mit VasicekModell

Um beide Modelle für Ölpreise und Zinssätze zu kalibrieren, verwenden wir die Risk Kit-Funktion 'CalibrateMVProcess'. Sie schätzt die Parameter beider Prozesse und die Korrelationen zwischen ihnen, so dass das gemeinsame Verhalten der Prozesse erfasst wird. Beachten Sie, dass die Funktion erlaubt, dass jeder Prozess einen anderen Typ hat. So ist es möglich, dass die Ölpreise einem Black-Karasinski-Prozess folgen, während die Zinssätze einen Vasicek-Prozess haben.

Der Parameter 'DeltaT' geht davon aus, dass die Eingangszeitreihe für die Kalibrierung äquidistante Zeitschritte hat. Die geschätzten Prozessparameter werden auf dieses Zeitinkrement skaliert.

Abbildung 32. Gemeinsame Kalibrierung der beiden Prozesse

Für die Simulation verwenden wir die ergänzende Funktion 'MV_General_path', die die Parameter in der gleichen Reihenfolge verwendet, wie sie die Funktion 'CalibrateMVProcess' zurückgibt.

Beachten Sie, dass es jetzt besonders praktisch ist, die historischen Preisverläufe in absteigender Datumsreihenfolge zu haben, da damit der jüngste Preis, mit dem die Simulation beginnt, eine stabile Position im Arbeitsblatt hat.

Für die Simulation muss der Parameter 'DeltaT' wie bei der Kalibrierung im vorherigen Schritt gewählt werden, da die Prozessparameter entsprechend skaliert werden. Die 'Zeiten', in denen der simulierte Prozess ausgewertet wird, müssen in Vielfachen von 'DeltaT' ausgedrückt werden. Wenn also DeltaT=1 für tägliche Daten steht, die für 5 Arbeitstage pro Woche verfügbar sind, hat eine Prognose über einen Monat einen Prognosehorizont von 22 Arbeitstagen und über ein Jahr von 260 Tagen.

Abbildung 33. Gemeinsame Simulation der beiden Prozesse

Jetzt sind wir bereit, unser Gewinn- und Verlustmodell zu vervollständigen.

Die benötigte Ölmenge ist gleichmäßig über das Intervall von 7.500 bis 9.500 Barrel verteilt. Wir modellieren den zufälligen Ölpreis, der effektiv über das Jahr gezahlt wird, als den durchschnittlichen Ölpreis über die zwölf Monate.

Abbildung 34. Simulation der Rohmaterialkosten.

Abbildung 35. Der effektiv gezahlte Ölpreis als 12-Monats-Durchschnitt

Wir gehen davon aus, dass der Zinsertrag durch den 1YEUR-Kurs in einem Jahr bestimmt wird, der auf einen Nominalwert von 10 mio. EUR gezahlt wird.

Abbildung 36. Simulation der Zinserträge

Der Wert des simulierten Zinssatzes wird aus dem Zinsverlauf nach 260 Tagen übernommen.

Abbildung 37. Bezug auf simulierten Zinssatz nach 365 Tagen

In Analogie dazu modellieren wir die übrigen Aufwendungen. Die Personalkosten werden als Normalverteilung mit Erwartungswert 325 und Standardabweichung 20 angegeben. Außerdem begrenzen wir den kleinstmöglichen Wert auf 300, was bedeutet, dass Personalkosten, die kleiner als 300 sind, nicht simuliert werden.

Ein außerordentlicher Ertrag entsteht, wenn eine oder mehrere Gegenparteien ausfallen, bevor sie ihre Rechnungen bezahlt haben. Wenn ein Ausfall auftritt, nehmen wir an, dass die Größe des Verlustes PERT-verteilt ist in einem Bereich von 0 bis 5 mit dem wahrscheinlichsten Wert von 3. Da jeder Verlust unabhängig voneinander ist, verwenden wir die Compound-Zellenfunktion (Abbildung 38), die eine bestimmte Anzahl von Zufallsvariablen addiert. Die Anzahl der Ausfälle in jedem Geschäftsjahr ist Poisson-verteilt mit einer erwarteten Anzahl von 5 Ausfällen.

Abbildung 38. Identifizierung des außerordentlichen Einkommens.

 

Monte-Carlo-Simulation

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Bevor wir das Modell simulieren, lassen Sie uns die Modelleingaben und -ausgaben identifizieren. Da wir uns für das Verhalten von EBIT (D12) und EBT (D15) unter den Einflüssen der angegebenen Risiken interessieren, markieren wir diese Größen als Modellausgaben. Wir interessieren uns auch für die Auswirkungen der Risiken auf EBIT und EBT. Daher markieren wir alle Risiken (C7:C10, C13:C14) als Eingaben.

Abbildung 39. Modelleingaben und -ausgaben.

Um die Modelleingaben und -ausgaben zu markieren, verwenden wir die Gruppe 'Modellierung' in der Symbolleiste von Risk Kit.

An diesem Punkt ist das Modell vollständig definiert und wir können die Simulation starten. Um die Simulationsergebnisse besser interpretieren zu können, führen wir jedoch einige zusätzliche Schritte durch 6.

Zunächst definieren wir die Funktion ‘Plot’ zu den Ausgabezellen, um einen Eindruck von der Form des EBIT und EBT zu erhalten. Die Funktion nimmt die Ausgabezellen als erstes Argument und stellt die Ergebnisse nach der Simulation in einem Fenster dar.

Abbildung 40. Plot-Zellenfunktion.

Eine Vielzahl von optionalen Argumenten der Funktion erlaubt es, das Aussehen der Diagramme anzupassen.

Über die Funktion ‚PlotInCell‘ oder über die Konfigurationseinstellung ‚Histogramme in der Zelle anzeigen‘ können auch Diagramme in der Zelle eingeblendet werden7.

Zweitens berechnen wir grundlegende Statistiken mithilfe von Risk-Kit-Funktionen. Diese Funktionen nehmen die Ausgabezelle als erstes Argument und berechnen die Ergebnisse nach der Simulation.

Abbildung 41. Berechnen der Statistik.

Drittens spezifizieren wir die Zellfunktion ‘Sensitivity’, die die Auswirkungen der Modelleingaben auf die jeweilige Ausgabe berechnet.

Abbildung 42. Berechnung der Empfindlichkeiten.

Die Funktion ‘Sensitivity’ kann auch ein Diagramm erzeugen und in das Arbeitsblatt einbetten. Um diese Funktion zu nutzen, setzen Sie das Argument 'CreateChart' der Funktion auf TRUE und geben die Zelle 'ResultCell' an, in die das Diagramm mit der linken oberen Ecke eingebettet wird.

Abbildung 43. Anpassen der Funktion ‘Empfindlichkeit’.

Um die Simulation schließlich zu starten, klicken Sie in der Symbolleiste von Risk Kit auf ‘Simulieren’. Nach der Simulation stellt das Add-In die EBIT- und EBT-Verteilungen in einem separaten Fenster dar.

Abbildung 44. Fenster ‘Plot’.

Es berechnet auch die Statistiken (Abbildung 45) und die Sensitivitäten (Abbildung 47).

Abbildung 45. Grundlegende Statistiken und Diagramme.

Abbildung 46. Ergebnisse der Empfindlichkeit.

In unserem Beispiel haben die Rohmaterialkosten den größten Einfluss auf das EBT. Insbesondere das negative Vorzeichen der Sensitivität zeigt an, dass ein Anstieg des Ölpreises zu einem Rückgang des EBT führt.

Im Vergleich zu den Rohstoffen sind die Auswirkungen der Unsicherheit bei den Zinssätzen und Zinserträgen sehr gering.

Fazit

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In diesem Beispiel haben wir die Auswirkungen des Ölpreises in USD auf eine Gewinn- und Verlustrechnung in EUR berücksichtigt. Wir haben auch die Unsicherheit bei den Zinssätzen berücksichtigt.

Mit Risk Kit Data konnten wir schnell und mit geringem Aufwand historische Ölpreise, Devisenkurse und Zinssätze finden und verarbeiten. Die Daten wurden synchronisiert, fehlende Daten wurden interpoliert. Prozessmodelle wurden ausgewählt und kalibriert. Prognosen wurden simuliert und in die GuV-Berechnung einbezogen. Aus der Simulation des GuV-Modells wurden verschiedene Statistiken, Analysetechniken und Grafiken abgeleitet und in einem Cockpit mit interpretierbaren und auswertbaren Ergebnissen dargestellt.

Dies reduziert den Zeit- und Kostenaufwand für die Beschaffung und Analyse von Daten. Über eine benutzerfreundliche grafische Oberfläche können Benutzer Statistiken aus verschiedenen Quellen durchsuchen und aggregieren, ohne dass sie über einen breiten technischen Hintergrund verfügen müssen.

 

Für Fragen und Anmerkungen kontaktieren Sie uns.


1 Beachten Sie, dass je nach Sprachversion von Excel, die Sie verwenden, Booleans anders geschrieben werden können, z.B. auf Deutsch als WAHR und FALSCH.

2 Siehe hier für Details zu den ICE-Tarifen.

3 Das Argument-Trennzeichen in Excel hängt von den im Betriebssystem aktivierten Regionaleinstellungen ab. Im Deutschen ist dies in der Regel ein Semikolon.

4 Beachten Sie, dass der starke Rückgang der Ölpreise im April 2020 aufgrund einer plötzlichen weltweiten Quarantäne zu Beginn der COVID-19-Pandemie außerhalb des Prognosebereichs liegt. Wir tolerieren diese Abweichung des Modells, da das Preisverhalten im April / Mai 2020 auf einen exogenen Schock zurückzuführen ist und da wir als Öl-Käufer besonders am Beschaffungsrisiko interessiert sind.

5 Für längerfristige Prognosen müsste die Stärke der Mittelwertrückkehr oder diese Eigenschaft ganz neu überdacht werden.

6 Für eine detaillierte Diskussion und Erklärung der Ausführung einer Simulation und der Erstellung eines Ergebnis-Cockpits siehe Wehrspohn/Zhilyakov, Monte-Carlo-Simulation mit Risk Kit, 2021, S. 26ff.

7 Sie finden eine detaillierte Beschreibung der Grafiken in Zellen in Wehrspohn/Zhilyakov, Monte-Carlo-Simulation mit Risk Kit, 2021, S. 30ff. Beachten Sie, dass eine Zelle Markierungen als Eingabe- und Ausgabezelle gleichzeitig haben kann, so dass auch die Verteilungen in Eingabezellen mit der Funktion ‚PlotInCell‘ dargestellt werden können.